Samstag, 1. Oktober 2011

Attis im Gebirg

Es zog im grausamen Monat März

Attis einsam ins Gebirg, zog himmelwärts

Zog immer höher, der Himmel schon fahler

Und es wurde kahler um ihn und kahler


Bis zu der letzten blauen Stunde

Nur mehr, wachsend aus hartem Grunde

Ein paar Pinien um ihn übrig blieben

Wohl Bäume, die den Widerstand sehr lieben


Es wehte ein kalter Wind in der Nacht

Der hat Attis' Stirne glatt gemacht

Und oben war ein weiter Raum

Und Attis allein unten, unter dem Baum


Als der Himmel fahl zu werden begann

Sass Attis unten noch und sah sich an

Sah sich in der blankgewetzten Klinge

Und hört' nach oben, ob ein Vöglein singe


Aber über allen Gipfeln war Ruh, nichts klang

Einen Hauch spürte Attis als er leise sang

My girl, my girl, don't lie to me

Tell me, where did you sleep last night?


Bei Ferkeln hatt' er schon zugeschaut

Wie man schnürt, damit das Blut sich staut

Das ist wichtig, weil erst dann

Ist sicher, dass man nicht verbluten kann.


My girl, my girl, don't lie to me

Tell me where did you sleep last night?

In the pines, in the pines

Where the sun don't ever shine


So zog Attis frühen Morgens talwärts

Im grausamen Monat März

Und liess oben ein Stück von sich

Unter der Pinie, das die Sonne niemals blich

Donnerstag, 9. Juni 2011

Anekdoten aus dem Bieler Polizeialltag

Am Ende seiner Nerven alarmierte ein Mann die Polizei.

Er gab an, Opfer seiner Frau geworden zu sein.

Der Mann litt offensichtlich unter Schlafmangel.

Dies, weil seine Frau eine starke Tendenz zum Sprechen

hatte und vom Mann Antworten verlangte.


Aus: Biel/Bienne

Montag, 30. Mai 2011

Gurken

Frau Zuse liest in der Zeitung Meldungen über
verseuchte Gurken aus Spanien. Frau Zuse macht
morgen ein Grillfest, das undenkbar ist ohne ihren
Gurkensalat.
Sie geht in die Gemüseabteilung des Ladens und
entscheidet sich für die Gurken aus demjenigen
Land, das am weitesten von Spanien entfernt liegt.
Morgen gibt es Gurkensalat aus japanischen Gurken.

Sonntag, 29. Mai 2011

Ort ohne Adresse

Wieso haben Züge keine Adressen?, fragte das Kind die Mutter.
Weil sie sich bewegen, gab die Mutter zur Antwort.
Ob es dann die Züge wirklich gebe, wenn sie doch keine Adressen haben. Weil doch Züge wie fahrende Häuser seien, da die Menschen darin viele Dinge täten, die sie in ihren Häusern auch tun: essen, schlafen, auf die Toilette gehen. Ein Haus ohne Adresse gibt es nicht. Haben Züge keine Adresse, weil es sie nicht gibt? Gibt es sie nicht, weil sie sich bewegen?
Doch, sagte die Mutter, dass es Züge gibt, da bin ich mir eigentlich ziemlich sicher.
Wieso haben sie dann keine Adresse?
Weil sie sich bewegen, gab die Mutter zur Antwort.

Prana


Gerüchten zu Folge soll sich Rudolf Steiner, Begründer der Anthroposophie, ausschließlich von Licht, dem Prana, der universellen Lebensenergie ernährt haben.
Natürlich gibt es, besonders aus naturwissenschaftlicher Sicht, viele Gründe, diese Gerüchte anzuzweifeln, und Argumente zu Hauf, sie zu widerlegen.
Aber aller Vitamin-, Mineralien-, Protein- und H2O-Notwendigkeiten zum Trotz, war sich meine Urgroßmutter ihres Wissens sicher.
Bereits als kleines Mädchen sah sie den berühmten Anthroposophen in einem Wiener Steakhaus sitzen, vor einem leeren Teller und unter einem großen, gelben Lampenschirm.

liquide cristal


eine wimper von dir tanzt aus der reihe. sie schwebt knapp unterhalb deiner nase und zittert den rhythmus deines atems.
deine hand liegt griffbereit auf der decke. ich würde sie gerne zu meiner unter das kissen schieben.
wenn wir ganz schnell hin und her blinzeln, zwischen dem liquide crystal und der linse, die das licht einfängt, ist es fast, als berührten sich unsere blicke.

Montag, 25. April 2011

In einem Zoo

-Guten Tag. Ähm... Ich glaube, mit den Tapiren stimmt etwas nicht.

-Was soll denn mit den Tapiren nicht stimmen?

-Das weiss ich eben nicht, Sie sind ja der Experte.

-Wie kommen Sie denn darauf, dass mit den Tapiren etwas nicht stimmt?

-Sie bewegen sich seltsam, nicht so, wie man sich vorstellt, wie sich Tapire bewegen. Nicht so, wie die Tapire im Fernsehen. Die Tapire im Fernsehen bewegen sich meist mehr auf diese Weise... Sehen Sie? Der Tapir hier mehr so.

-Die Tapire im Fernsehen? Wo gibt es im Fernsehen Tapire?

-Sie haben recht, noch sind Tapire im täglichen Fernsehprogramm krass untervertreten. Völlig unverständlich, meiner Ansicht nach. Aber unter uns gesagt: Ich arbeite grade an einem Drehbuch für eine Fernsehserie, in der ein Tapir Verbrechen aufklärt. Sind diese Tapire dressiert? Könnte man sie nicht so dressieren, dass sie sich genau wie die anderen Tapire im Fernsehen bewegen? Dem Zuschauer kann man schliesslich nichts Neues zumuten. Würde man ihm diese Tapire hier zumuten, er verstünde die Welt nicht mehr.

- Es gibt doch keine Tapire im Fernsehen.

- Ja eben, das möchte ich ja ändern. Sind diese Tapire dressiert?

- Na ja... Sie kommen, wenn man was zu fressen dabei hat.

- Hervorragend!

- Sie schnüffeln einen dann mit ihren kleinen Rüsseln ab.

- Ja, sie haben Recht, die Rüssel sind ganz schön klein. Das könnte ein Problem sein.

- Was?

- Haben sie nicht einen Tapir da mit einem etwas längeren Rüssel?

- Durchaus, haben wir. Julia. Aber das ist ein Elefant.

- Ein Elefant, hmm... Zeigen Sie mir den einmal?

- Sicher.

Sie gehen ein Stück.

- Die sind ganz schön gross. Im Fernsehen sehen die kleiner aus. Stimmt mit diesen Elefanten alles?

- Ich denke ja.

- Sind diese Elefanten dressiert?

- Nein, sie kommen nicht einmal, wenn es was zu fressen gibt.

- Können diese Elefanten Verbrechen aufklären?

- Ja, das machen sie den ganzen Tag.

- Hervorragend! Zwei Stück gerne, zum Mitnehmen.


Dienstag, 12. April 2011

Probleme beim Weltverbessern

Als ich sah, wie ein Kindersoldat mit der Pistole am Kopf gezwungen wurde, das Gehirn aus dem Schädel seiner geköpften Mutter zu löffeln, saß ich gerade im Kino und aß Popcorn.

Dienstag, 5. April 2011

WENN DIE WELT ZU KOMPLIZIERT WIRD (AKW IN JAPAN, GADDAFI IN LIBYEN UND GUTTENBERG IN TROUBLES), schreibe ich über die Liebe. ODER: In Zeiten des Kapitalismus kann ich dir mein Herz nicht schenken.


Wir gehen dort hin
wo ich dich anschauen kann:

Ein Irrgarten wär dein Augenpaar.
Dein Haar permanent dem Wind
ausgeliefert.

Es wäre Herbst. Du würdest sagen:
Wir setzen jetzt Mützen auf.
Wir überwintern im Warmen.

Es wäre Frühling.
wir setzen die Mützen ab, und
fegen die Herzen aus.

Wir sonnenkitzeln, wir erregen 
öffentliche Ärgernisse
in allen Wetterlagen, und 

liegen uns gut. 
Zu Recht unter den Irren.

Donnerstag, 31. März 2011

Martin Suter lässt sich vom Ruhm bescheinen


Besonders als erfolgreicher Schriftsteller ist es wichtig, dass die
Frisur auch im Nackenbereich richtig sitzt, da ist Misstrauen dem Haargel gegenüber
durchaus angebracht. Das ist übrigens kein Sonnenlicht, welches hier in
Suters Gesicht strahlt und welches eine Sonnenbrille unabdingbar macht, es ist der Glanz des Ruhms, von dem sich Suter gerne vor wichtigen Telefonkonferenzen mit seinem Verleger bescheinen lässt.

Mittwoch, 30. März 2011

Durchmarsch

Durchmarsch heisst durchzumarschieren, nicht nach rechts und nicht nach links zu schauen, weil es rechts und links vermutlich gar nichts gibt, das von Interesse sein könnte, auch hinten nicht, nur vorne, vorne, nach vorne zieht es einen, dann marschiert man durch, ohne Punkt, das Satzzeichen des Durchmarsches ist das Komma, vielleicht noch das Semikolon. Es muss auch kein Marsch sein, kein Zweivierteltakt, man kann auch im Galopp marschieren, im Dreivierteltakt, oder bräuchte man dafür drei Beine? Nein, das kann nicht sein, um Walzer zu tanzen braucht man schliesslich auch keine drei Beine, da reichen auch zwei, also reichen für das Durchmarschieren nach vorne hin im Galopp auch zwei Beine, aber drei Beine wären sicherlich besser, denn mit drei Beinen ist man sicherlich schneller, sie könnten sich immer abwechseln, eines würde die Freizeit und die Landschaft geniessen und dann eines ablösen. Vielleicht aber wäre jemand mit drei Beinen auch erheblich langsamer, da drei Beine einfach zuviel sind und er dauernd stolperte, der Durchmarsch würde zu einem lächerlichen Gestolpere und das Links und das Rechts lachten sich krumm. Durchmarsch heisst auch alles, das man verliert, liegenzulassen, und nicht weiter daran zu denken, immer weiter vorwärts zu streben, den Knopf, der einem von der Jacke springt, liegenzulassen, den Hut, den man verliert, liegenzulassen, weil das Vorne und das Marschieren viel wichtiger ist als Knöpfe und Hüte, weil, wenn man dieses Vorne erst einmal erreicht hat, einen Knöpfe und Hüte nicht mehr interessieren, auch nicht das Hinten und der Weg, der hinten liegt. Wenn man im Vorne angekommen ist, intressiert einen eigentlich nur noch sehr wenig, vor allem, wie man vorne bleibt, und nach eingehender Überlegung kommt man zur Erkenntnis, dass vorne nur bleiben kann, wer niemals nach links oder rechts schaut und wer niemals nach hinten denkt.

superdry japan --
so gesehen heute in der molzgasse

ARMLEUCHTE

Man fand Frau Klamp auf dem Korridorboden liegend, die Augen aufgerissen wie eine Kekspackung. Der Blick fixierte immer noch die Deckenbeleuchtung, die ihrerseits seit Monaten einen Tick weg hatte. Heute verspottete sie flackernd die Sanitäter mit ihren Reanimationsgeräten, die viel zu spät kamen, zum Reanimieren von Herzen zumindest, was die Deckenbeleuchtung anbelangte, so war noch keine Prognose abgegeben worden.
Später würde es gelten, herauszufinden, ob für Frau Klamps plötzliches Dahinscheiden die Nachbarkatze verantwortlich war, die manchmal  zum Küchenfenster hereingesprungen kam, um sich statuenhaft auf dem Abstelltischchen zu positionieren. Oder ob die Fellweste den Herzstillstand provoziert hatte, indem sie hinter der Garderobentür derartig hervornerzte, dass Frau Klamp sie für den krausen Schopf eines Einbrechers gehalten haben musste, der nur darauf wartete, sie aufs Kreuz zu legen.
Nun lag sie also da, Frau Klamp, und ihre Augen schauten hinauf zur Deckenbeleuchtung, die alles gesehen hatte, jedoch zum Sachverhalt keine Auskunft geben konnte.

Dienstag, 29. März 2011

Schriftzug aus Biel


Unser Dank gilt dem philosophischen Graffiti-Künstler, der diesen wahren Schriftzug in die Bieler Innenstadt sprayte. Er gab die nötige Inspiration zum Blog.

Neolithische Revolution für Kinder

Der erste Bauer war ein Kerl, der keine Lust mehr hatte, rumzulaufen. Er dachte sich wohl, dass sie alle ebensogut stehen bleiben können. So blieb er einfach am Ort und sagte den Tieren: bleibt. Und sie blieben, weil sie nur die Hand sahen, die ihnen Futter hinstreckte, und nicht die Hand mit dem geschärften Messer hinter dem Rücken. Der Bauer steckte sich ein Stück Land ab und behauptete, das wäre sein Besitz. Die anderen glaubten ihm und steckten auch Land ab. Einer machte nicht mit, der hackte lieber auf einem Stein herum. Irgendwann war der Stein rund, sodass er rollte. Damit ging er zu den Bauern und wollte Kohl und Rüben dafür. Doch die schlugen ihn damit tot. Ein anderer hackte auch auf Steinen rum, machte aber eckige, die nicht davonrollten. Man konnte sie aufeinanderstellen und sich reinlegen und es Haus nennen. Das war ein Geschäft, da hatte einer die Bedürfnisse der Menschen erkannt: eckige Steine, die nicht davonrollen können.

hier noch a bissl speed-lyrik

legitimation der umstände

ich mal dir einen krankenschein
damit du die gebrechen
schön im auge behältst, aus
versehen kannst du dich dann
immer mit gutem grund

Montag, 28. März 2011

zwei schweinilein


in der metamorphose begriffen

DIE SCHWEINE VON HEUTE SIND DIE SCHINKEN VON MORGEN

die letzte bastion (EINER VON DER AXPO)
Ich muss zugeben, ich gehöre zur letzten Bastion, zu den letzten Kämpfern, Kämpfenden, die auf dem Zug geblieben sind, sind wir ja schon aufgestiegen, müssen wir ja bleiben, denn dieser Zug hat ein ganz klares Ziel; nicht vom Gleis abzukommen. Das muss jetzt so mal gesagt sein, nicht vom Gleis abzukommen, zu dem nun eben der Strom dazugehört, wir haben die Dampflok ja auch schon verabschiedet, 87 Jahre oder so ist das her und nun sind da all die Pendler, alle die, die jetzt Sätze parat haben wie HER MIT DEM MORATORIUM, das Moratorium, das für immer blieb sollten sie ja eigentlich sagen, wären sie konsequent, sind die aber nicht, sind die nie, die sind nur versöhnlich geworden jetzt oder ängstlich. Ich nämlich, ich erkläre das Moratorium für moribund, ich bin, wir sind alle, die wir im Zug sitzen und wenn ich s mir recht überlege, sind das auch die, die jetzt diese Sätze parat haben, in den Lefzen hängen haben, die sind auch nicht wirklich vom Zug abgestiegen, die sind bloss aus meinem Abteil raus, die haben schnell gewechselt und tun jetzt so, als sässen sie schon immer da, als sässen sie schon immer in der Versöhnlichkeit rum, als wär ihr Elektrozug die letzte Dampflok eigentlich - oder am besten als gingen sie seit jeher zu Fuss - und sie ausm Schneider, weil SO wie sie schon immer dachten, SO WIE SIE SPÄTESTENS SEIT TSCHERNOBYL SCHON IMMER DACHTEN, wäre das mit Japan nie passiert. Zuerst konnte man noch sagen, das sind die unkritischen Linksliberalen, die ja auch alles beschönigen, jedem Islamisten noch einen Eintritt in den Zirkus schenken auf die Aufenthaltsbewilligung dazu, aber dann doch für so einen im Zug den Platz nicht hergeben würden, nicht aufstünden, käme er auf Krücken mit Infusionen und Hirnmasse rausquellend daher. So sind die nämlich, blieben sitzen, durch den Aarau fahrend, die AKWs kontemplierend und über Kitas nachdenkend. Oder nie neuesten Birkenstöcke. Oder Walking Stöcke. Oder die neueste Sherpa Outdoorjacke, saisonfarben, oder nicht. Darüber denken die für gewöhnlich nach, Leute dieses Schlags und jetzt plötzlich ist Volkshetze angesagt, setzt man die Hebel in Gang oder will sie eben aushebeln, kommt man mit Sätzen, die sind über 20 Jahre alt und hatten dann schon nur grad ganz kurz situationsbedingt ein bisschen was an Schlagkraft. Aber jetzt zum Aargau, da ist einer konsequent, da weiss die Bevölkerung noch, was sie haben an den AKWs, in Döttingen denken die Leute noch richtig, in Döttingen dreht sich die Welt noch nett. In Döttingen stehen sie eins zu eins vor der Realität: Wir haben Arbeit wegen Beznau, da kann den Gelben passieren, was will, Japan ist auch nur aus Inseln, da ist Meer, wäre da keine Welle drübergerollt, wäre da nichts geschehen, das wissen die Döttinger, die wissen: So, das ist meine Arbeit hier. So, hier gibt's kein Meer und kein Wellenzeugs. Ohne dieses AKW kein Essen, sagen die sich und auch die Mikrowelle dazu nicht, um's aufzuwärmen, eine saubere Faustregel, ohne AKW kein Essen, das hat noch nicht mal mit Not zu tun, da ist noch immer sehr viel Überzeugung am Mann und an der Frau. 70 Millionen Franken jährlich machen die Döttinger und Umliegenden damit. Und darauf verzichten, zu welchem Zweck. Das sind Züge, die in die Zukunft fahren. Und die Einkommenssteuern der Mitarbeitenden, alles nicht zu unterschätzen. Und im Aargau gibt's ja noch Liebstadt, Beznau I und II, da will man gar nicht ausrechnen, was denen passieren würd, finanziell. Und alle Händereinwaschkantone, die jetzt die Hände in Unschuld statt in Wasser und so weiter, na, was können denn die, wo nehmen die den Strom her, den sie brauchen. Das ist ein kleines Rätsel, das ist ein Kanton im Mittelland, ich habe ihn einige Male erwähnt, der fängt mit A an und hört mit U auf und dazwischen liegt ein ARG. Und der Arge unter uns versorgt die anderen und jetzt kreidet man den noch an. Da machen die jetzt nämlich innerlich Kehrtwende, die stellen jetzt auf Modus "Gutmensch", die gehören jetzt nicht mehr mit zu solchen wie ich einer bin, die haben aber nämlich eins: Und zwar den Schiss in der Hose, vor fünf Jahren haben die auch noch über Tschernobillie-Witze gelacht und jetzt heisst es gross schwarz auf weiss: Neue Atomkraftwerke sind in diesem Umfeld kein Thema mehr. Und wollen im Fernsehen die Simpons zensieren, weil eben der Mann von den Simpons, der ist Controller oder so im Kernreaktorzentrum, deshalb wollen die jetzt die Simpons rausschmeissen oder zensieren zumindest, zensieren, da haben sie aber eines nicht mitbedacht, dass das Kraftwerk schon im Vorspann vorkommt und was sollen denn die Simpsons ohne artgerechten Vorspann und noch was: Wenn wir schon dabei sind, die Simpsons, das ist eben die Realität, der Homer IST der Durchschnittsmann, wenn man da auf die Strasse schaut und vor allem ist er das in Amerika, der Durchschnittsmann, schlecht frisiert, gut genährt usw. Nur das mit den vier Fingern und der Haut, das überlässt man ja jetzt den Japanern bald, weil was da an Geburten in der nächsten Zeit rausschlüpfen wird, würd mich nicht erstaunen, wär's vierfingrig nur, gelb sind die ja schon.

Der Mann auf der Brücke

Ein Mann stand auf der Brücke und wollte springen,
hinunter ins Tobel springen.
Es war früh, und die Brücke noch nicht sehr befahren.
Einer, der vorbeifuhr und ihn sah, rief die Polizei, und sie kam.
Der eine Polizist kam nah zu ihm und sagte, springe nicht.
Er sprang doch.
Als die Polizisten später zum Haus des Toten kamen, sahen sie:
Die Tür stand offen. Sie gingen hinein und sie gingen ins Wohnzimmer,
wo niemand war. Da stiegen sie die Treppe hinauf, gelangten in das Schlafzimmer.
Auf weissem Laken lagen die Kinder und die Frau, ineinander verkrallt,
mit gebrochenen Augen.

Kiemenlos II

Gottfried sah die Häuser kleiner werden und das Ufer verschwimmen. 
Er sah die Wellen, sich heben und senken. 
Er hielt die Nase in den Wind  und fühlte sich froh.
„Man muss das Glück in kleinen Portionen nehmen, 
wenn man lange keines mehr gehabt hat.“,
sagte er und kotzte über die Reling.

Für Hilde

Ich solle sofort kommen. Alle wären schon da. 
Es könnte jeden Moment soweit sein. 
Auf dem Weg zum Bahnhof verlor ich eine Kontaktlinse. 
Ich habe heute Nacht geträumt, Vater wurde nach Gottlob verlegt.

Kiemenlos


Wir ertränkten ihn im Brunnen vor unserem Haus.
Wir kannten ihn kaum - er war nur sehr selten daheim. 
Und wenn er nach Hause kam, lief er  in der Stube auf und ab. 
Er beschwerte sich, dass er kaum atmen könne auf dem Festland. 
Wirklich gesund fühlte er sich erst, wenn andere längst seekrank waren.
Mutters Versuche ihn zum Bleiben zu überreden, scheiterten allesamt am Kai.
Mit der Flut lief er aus. 
Wäre er nur mit Kiemen geboren worden.
Wir ertränkten ihn im Brunnen vor unserem Haus.
Mutter sagte, so sei es am besten, für alle.

Der Reiseführer


Da sitzen wir fest und warten auf Gott.
Und wenn nicht auf Gott, dann doch
auf Heißgetränke.
Auf dass uns die Bahn, ob der Störung am Plot
frisch gebrühten Tee ausschenke.
Wir sitzen hier fest und warten auf Fahrtwind.
So manchen wird in diesen Tagen schlecht.
Erst wenn der Schaffner neu zum Start winkt,
läuft der Regen an den Scheiben wieder waagerecht.
Wir sitzen hier fest, doch die Fahrt ist bezahlt,
wir lassen uns nicht ums Ticket betrügen.
Die Fahrt ist bezahlt, und wir sitzen hier fest,
genießen den Stillstand in vollen Zügen.

Man könnte ja aufstehen, man könnte.
Und aus dem Zug aussteigen.
Man könnte ja rausgehen, man könnte,
doch drinnen ist s trocken und warm,
man lädt sich selber ein zum Sitzenbleiben.
Und draußen geht das Leben weiter.
Im Radio singt Clueso, alles wolkig bis heiter,
ein Bänker hat Anstand, der Bäcker sein Brot,
ein Clown macht n Handstand und drüben
hält ein Bettler sich an seiner Not.

Und wir sitzen im Warmen,
wir sitzen bequem, warten auf die Reise,
ein Schnaps für die Herren und Rüsch für die Damen
der Schöpfung und Regen tropft senkrecht auf Gleise.

Uns ist das Kartenlesen einerlei
denn alle Wege führn nach Rom,
wir lesen einzig die mit Götterspeise.
Man könnte, wenn – man wollte schon -
doch wollen wir lieber nach Hawai.

Nur sitzen wir fest und wir warten
Die einen auf Fern- und die anderen auf Bauchweh
Die einen haben die Nachbarn gern
Die anderen im Garten nen Tauchsee.
Und draußen jagt ein Jäger einen Hasen
Und ein Verliebter sucht nach seinem Herz
Auf der Weide stehen Schafe, grasen
Und wünschten sich nen Pelz aus Nerz
Dazu spielt noch ein Streichorchester
Was drinnen keiner hört
Wir sitzen fest und sitzen fester,
keiner da, der sich dran stört.
Wir spielen:
Ich sehe was, das du nicht siehst,
und das sind Freilandeier.
Die Sonne geht auf und die Sonne geht unter,
in fernen Ländern lebt man störungsfreier,
lebt man bunter,
oder man versteckt den Nabel
für fremde Götter unterm Schleier.

Also sitzen wir und warten
lieber auf den eignen Gott
und die Welt in kleinen Raten
als kulinarisches Kompott

Und wir warten noch lange auf Fahrtwind
So manchen wird in diesen Stunden schlecht.
Erst wenn der Schaffner neu zum Start winkt,
läuft der Regen an den Scheiben wieder waagerecht.
Wir sitzen hier fest, doch die Fahrt ist bezahlt,
wir lassen uns nicht ums Ticket betrügen.
Die Fahrt ist bezahlt, und wir sitzen hier fest,
ein Rauschen dem Stillstand. In übervollen Zügen.

Und Freude herrscht!
schon lang nicht mehr.
Was herrscht, ist die Empörung.
Und Schuld daran ist Gott allein,
plus die Stellwerkstörung.

Verhinderter Passant

Ich schaute gerade auf die Straße hinaus, als sich die Schneedecke vom Nachbardach langsam zu lösen begann, hinunter rutschte, bis zum Fenstersims im dritten Stock, wo sie am Gitter zerbarst, um schließlich in einzelnen Fladen zu Boden zu krachen.
Dem Zufall sei Dank, stand zu diesem Zeitpunkt kein einziger Mensch vor der Eingangstür oder spazierte auf dem Bordstein hin und her – sonst hätte mich diese Begebenheit womöglich zu einer Geschichte inspiriert.